Weitere Informationen zum Qualitorial

Ziele, Kompetenzerwerb & Zielgruppe

Die Zielgruppe des Qualitorials sind Studierende, die bereits die Grundlagen der empirischen Sozialforschung kennen und
qualitative empirische Sozialforschungsmethoden in die Praxis umsetzen wollen (z.B. im Rahmen ihrer Bachelor- und Masterarbeit).

Kompetenzerwerb

Mit dem Qualitorial können Studierende eine Studie mittels qualitativen Sozialforschungsmethoden selbstständig planen und für ihre Abschlussarbeit in die Praxis umsetzen. Das Qualitorial ist eine „Open Educational Resource“.
Die Studierenden werden in einzelnen Schritten durch den qualitativen Forschungsprozess geleitet. Anhand eines konkreten Forschungsprojektes werden derzeit folgende Teilfragen für die praktische Anwendung für eine empirischen Abschlussarbeit beantwortet werden:

 

Im Vollausbau (Mitte/Ende Wintersemester 2022/23) kommen noch folgende Teile dazu:

  • Wie bereite ich Texte für die Analyse vor?
  • Wie analysiere ich Texte?
  • Wie interpretiere ich qualitative Daten?
  • Wie schreibe ich meine Ergebnisse?
  • Wie sichere ich die Qualität meiner Forschung?

Aufbau des Qualitorials

Auf qualitorial.fernfh.ac.at gibt es jeden Teil einen eigenen Kurs. Die Inhalte sind so strukturiert, dass Nutzer_innen selbstgesteuert, und ohne Moderation und Betreuung, örtlich und zeitlich flexibel, lernen können.

Jeder Kurs beinhaltet Standardelemente:

Lernziele
jeder Teil startet mit den jeweiligen Lernzielen.

Grundlagen
zeigen allgemein die theoretische bzw. methodologische Basis jedes Themas auf die sich das Qualitorial bezieht.

Literatur
ist das Literaturverzeichnis jedes Teils. Die Quellen sind bei Verfügbarkeit direkt oder in den Zentralkatalog der österreichischen Bibliotheken verlinkt.

Zusammenfassung
das Wichtigste aus jedem Teil ist in einem PDF-Dokument zum Download zusammengefasst.

Darüber hinaus gibt es optionale Elemente:

Aus der Forschungspraxis
sind jene Elemente, die sich konkret auf das Beispiel- Forschungsprojekt beziehen.

Jetzt sind Sie dran!
sind interaktive Abschnitte. Hier ist für die Nutzer_innen etwas aktiv zu tun.

Testen Sie Ihr Wissen!
sind Quizzes oder Spiele zur Selbstüberprüfung.

Do’s & Don’ts
sind praktische Regeln für die Umsetzung der methodischen Anforderungen.

Tipps & Tricks
geben praktische Empfehlungen zur Umsetzung in der Praxis.

Achtung!
geben wichtige Hinweise, können auch die Zirkularität des qualitativen Forschungsprozesses abbilden.

Hintergrundwissen
verweisen auf methodologische Prinzipien. Können aber müssen nicht gelesen werden, um die vermittelten Inhalte zu verstehen.

Das Beispiel-Forschungsprojekt des Qualitorials

Das Qualitorial ist eine praktische Anleitung zur empirischen Sozialforschung. Daher haben wir die einzelnen Schritte des Forschungsprozesses anhand eines konkreten Forschungsprojekts aufbereitet.

Die Anwendung und Umsetzung der Grundlagen auf das Forschungsprojekt finden sich in jedem Teil unter dem Titel: „Aus der Forschungspraxis“.

Zur Übersicht finden Sie im folgenden alle Verweise auf das Forschungsprojekt in den einzelnen Teilen.

Zu Beginn steht das Thema steht bereits fest: Es soll um Personalentwicklung gehen.

  1. Im Teil „Forschungsfrage“ können Sie hier selbst testen, wie die konkrete Forschungsfrage entsteht.
  2. Die Samplingentscheidung für unser Beispiel-Forschungsprojekt können Sie im Teil „Sampling“ in diesem Video nachverfolgen.
  3. Hand-in-Hand mit der Samplingentscheidung geht die Entscheidung für eine Erhebungsmethode. Die passenden Methoden für unsere Forschungsfrage besprechen wir im Teil „Methodenwahl“. Mit den Flash-Cards können Sie unsere Argumente für die Methodenwahl des Beispiel-Forschungsprojekts nachvollziehen.
  4. Im nächsten Teil wird das Erhebungsinstrument entwickelt. In diesem Video sehen Sie, wie das Erhebungsinstrument entstanden ist.
  5. Danach geht es um die Vorbereitung der Datenerhebung. Im Teil „Interviewvorbereitung“ finden Sie alle notwendigen Informationen dafür.
  6. Im Teil Interviewführung sehen Sie in mehreren, kommentierten Videosequenzen ein Interview aus dem Forschungsprojekt.

In dieser Aufstellung wiederum finden Sie – wenn Sie diese schon vorweg sehen wollen – auch die Ergebnisse der jeweiligen Forschungsprozessschritte:

Das Beispiel-Forschungsprojekt des Qualitorials

Die Forschungsfrage lautet: Welche Personalentwicklungsmaßnahmen werden von Arbeitnehmer_innen über 50 im IT-Bereich in Anspruch genommen? Was sind die Gründe dafür?

Es werden unterschiedliche Mitarbeiter_innen aus unterschiedlichen, österreichischen IT-Unternehmen, die über 50 Jahre alt sind und Personalentwicklungsmaßnahmen wahrnehmen oder wahrnehmen können befragt. Diese Samplingstrategie kann man als schrittweise Festlegung und Prinzip der maximalen Variation bezeichnen.

Für folgende Methoden haben wir uns entschieden:

  • Erhebungsmethode: Leitfadeninterviews
  • Auswertungsmethode: Themenanalyse

Wer steht hinter dem Qualitorial?

Prof.in (FH) Mag.a Dr.in Anahid Aghamanoukjan absolvierte das Doktoratsstudium „Sozial- und Wirtschaftswissenschaften“ an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien). Seit mehr als 15 Jahren Sie betreut und begleitet sie Studierende bei ihren Abschlussarbeiten. In der qualitativen Sozialforschung zählen qualitative Interviews, Dokumentenanalyse, computerunterstützte Textanalyse und rekonstruktiv-hermeneutische Textanalyse zu ihren Schwerpunkten. Derzeit lehrt und forscht sie an der Ferdinand Porsche FernFH am Masterstudiengang Betriebswirtschaft & Wirtschaftspsychologie, davor war sie Universitätsassistentin am Department Management an der WU Wien. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen weiters Nonprofit Management, Organisationstheorien und Change Management.

Im Qualitorial verantwortlich für die Inhalte.

Mag.a Dr.in Martina Nitsch absolvierte das Doktoratsstudium Publizistik- und Kommunikationswissenschaften und studierte Psychologie und Pädagogik an der Universität Wien. Sie beschäftigt sich seit 15 Jahren mit Evaluationsforschung im Bereich Gesundheit(-sförderung). Im Rahmen ihrer Tätigkeit am Ludwig Boltzmann Institut für Gesundheitsförderungsforschung war sie für die externe Evaluation von Gesundheitsförderungsprojekten verantwortlich und führte u.a. eine qualitative Evaluationsstudie an der Stanford University, School of Medicine, im Rahmen eines geförderten EU-Projektes durch. Derzeit ist sie an der Ferdinand Porsche FernFH in der Lehre und Forschung tätig, sowie für die Entwicklung von Lehrgängen zuständig. Zu Ihren Forschungsschwerpunkten zählen Evaluations- und Implementierungsforschung, qualitative Sozialforschung, Usability und User Experience, Gesundheitsförderung und Digital Health.

Im Qualitorial verantwortlich für die Inhalte.

Systemarchitekt & Senior Developer, Softwareentwicklung im Hochschulsektor.

Im Qualitorial verantwortlich für die technische Umsetzung.

Katharina Pichler, BA Ausbildung zur Medientechnikerin, BA-Studium Digitales Fernsehen, Kino- und Videoproduktion, Regie TV-Live-Berichterstattung.

Im Qualitorial verantwortlich für Design und Grafik.

DI (FH) Andreas Wappel, MA-Studium Digitale Medientechnologien, Medienproduktion im Hochschulsektor & Weiterbildungsbereich.

Im Qualitorial zuständig für die Videoproduktion.

Mag.a Dr.in Edith Flaschberger ist stellvertretende Leiterin der Abteilung Gesundheitskompetenz und Gesundheitsförderung in der Gesundheit Österreich GmbH. Zu Ihren Arbeitsschwerpunkten und Forschungsinteressen gehören u.a. wissenschaftliche Grundlagen und Umsetzungsbegleitung für Gesundheitskompetenz-Maßnahmen und qualitative Methoden der Sozialforschung.

Wissenschaftliche Gutachterin des Qualitorials.

Ass.-Prof. MMag. Dr. Stefan Hampl ist Vizedekan der Fakultät für Psychologie an der Sigmund Freud Privatuniversität Wien/Paris. Stefan Hampl ist Mitentwickler der Dokumentarischen Methode. Seine Schwerpunkte sind Kultur- und Medienpsychologie, Qualitative Methoden, Videointerpretation und partizipative Forschung.

Wissenschaftlicher Gutachter des Qualitorials.

Triangulation

 „Triangulation beinhaltet die Einnahme unterschiedlicher Perspektiven auf einen untersuchten Gegenstand oder allgemeiner: bei der Beantwortung von Forschungsfragen. Diese Perspektiven können sich in unterschiedlichen Methoden, die angewandt werden, und/oder unterschiedlichen gewählten theoretischen Zugängen konkretisieren, wobei beides wiederum mit einander in Zusammenhang steht bzw. verknüpft werden sollte. Weiterhin bezieht sie sich auf die Kombination unterschiedlicher Datensorten jeweils vor dem Hintergrund der auf die Daten jeweils eingenommenen theoretischen Perspektiven. Diese Perspektiven sollten so weit als möglich gleichberechtigt und gleichermaßen konsequent behandelt und umgesetzt werden. Durch die Triangulation (etwa verschiedener Methoden oder verschiedener Datensorten) sollte ein prinzipieller Erkenntniszuwachs möglich sein, dass also bspw. Erkenntnisse auf unterschiedlichen Ebenen gewonnen werden, die damit weiter reichen, als es mit einem Zugang möglich wäre.“ (Flick, 2011, S.12)

Flick, Uwe. (2011) Triangulation. 3., Aktualisierte Auflage ed. Wiesbaden: VS Verlag Für Sozialwissenschaften.

Flexibilität

Aufgrund der Elastizität und Flexibilität werden qualitative Verfahren gelegentlich als weiche Methoden im Gegensatz zu den harten oder starren quantitativen Methoden bezeichnet. Häufig wurde dies auch im Sinne einer geringeren Gültigkeit oder Qualität der qualitativen Verfahren missverstanden.

Auch die/der qualitative bzw. explorative Forscher/in führt eine Untersuchung nicht plan- und richtungslos durch, sondern es bedeutet, dass der Blickwinkel zunächst weit ist und erst im Verlauf der Untersuchung fortschreitend zugespitzt wird.

Reflexivität von Gegenstand und Analyse

In interpretativen Prozessen wird den Bedeutungen von menschlichem Verhalten eine prinzipielle Reflexivität unterstellt. Dies gilt sowohl für sprachliches (Symbole, Deutungen, Sprechakte) als auch für nonverbales Verhalten (Gesten, Handlungen usw.).

Da jede Bedeutung reflexiv auf das Ganze verweist, wird die Bedeutung eines Handelns oder eines sprachlichen Ausdrucks nur durch den Rekurs auf den symbolischen oder sozialen Kontext seiner Erscheinung verständlich. Im Sinne der hermeneutischen Zirkularität von Sinnzuweisung und Sinnverstehen setzt somit ein Verständnis der Einzelakte bzw. des Verhaltens immer ein Verständnis des Kontextes voraus.

Die Reflexivität der Methode setzt daher auch eine reflektierte Einstellung der/des Forschenden sowie die Anpassungsfähigkeit seiner Untersuchungsmethoden und -instrumente voraus.

ZIRKULARITÄT DES FORSCHUNGSPROZESSES

Der Forschungsprozess in der qualitativen Sozialforschung ist zirkulär. Damit ist gemeint, dass eine bestimmte Folge von Forschungsschritten mehrmals durchlaufen wird, und der jeweils nächste Schritt von den Ergebnissen des jeweils vorherigen Schrittes abhängt. Es werden zunächst nur wenige nächste Schritte geplant, weil jeder der Forschungsschritte Konsequenzen nach vorne (für das weitere Vorgehen) und nach hinten (Modifikation der Fragestellung) haben kann. Das bedeutet, dass alle Entscheidungen (Erhebungsverfahren, Samplingentscheidungen, Auswertungsverfahren, etc.) vorläufig getroffen werden. Zu Beginn der Forschung liegt nur ein ungefähres Vorverständnis über den Forschungsgegenstand vor. Auf dieser Basis werden zunächst nur wenige nächste Schritte geplant.

Offenheit

Das Prinzip der Offenheit bedeutet Offenheit der Forschenden gegenüber

  1. den Untersuchungspersonen,
  2. den Untersuchungssituationen und
  3. den Untersuchungsmethoden. 


Qualitative Sozialforschung versteht sich im Gegensatz zur quantitativen Vorgehensweise nicht als Hypothesen prüfendes, sondern als Hypothesen generierendes Verfahren. Qualitativ Forschende versuchen also nicht Theorien, Konzepte oder Ideen an der Wirklichkeit zu bestätigen oder zu widerlegen, sondern Neues zu entdecken. Der Hypothesenentwicklungsprozess wird bei der Anwendung qualitativer Verfahren damit erst zu Ende des Forschungsvorhabens abgeschlossen. Die Forschenden sollen daher so offen wie möglich gegenüber neuen Entwicklungen sein, damit diese auch in die Hypothesengenerierung einfließen können.

Die Forschenden sollen offen für mögliches Neues sein und sich nach Möglichkeit auch nicht vorab informieren, d.h. sehr bewusst mit einer naiven Haltung ins Feld gehen.